Einer der Top 3 Filme dieses Jahres. Ganz klar!

Das war zumindest meine Erwartung mit der ich, gepaart mit entsprechender Vorfreude, ins Kino ging.

Objektiv betrachtet, ist „Ford vs. Ferrari“ auch ein durchaus als „gut“ zu betitelnder Film.
Ich betone extra „objektiv“, da es für Enthusiasten und Fans der Materie einfach zu viele vermeidbare Fehler gibt, die auf einen Mangel an Enthusiasmus, Rechersche und/oder Ambition schließen lassen und den Film somit nicht so genial machen, wie er es sein könnte- und sollte.



Aber was will man als Produzent und Regisseur machen? Nicht nur das behandelte Genre, sondern auch das entsprechende Publikum, sterben der Reihe nach weg. Wer will denn heute noch männliche Männer sehen, die Sprit fressende Autos, die viel zu laut sind, sich nicht selbst fahren können und noch nicht mal ein Eipet in der Ausstattungsliste anbieten, stupide im Kreis herum fahren, Alkohol trinken, sich prügeln und sich mit anderen männlichen Männern in einem viel zu aggressiven Wettbewerb beweisen wollen? Na die breite Masse von feministisch- vegan-progressiven-Ököhipstern nun sicherlich nicht..
Was bleibt da also noch? Richtig, alte Leute und Enthusiasten.
Also muss ein Kompromiss her. Du brauchst genug Zeug um Interesse bei den Enthusiasten auszulösen und gleichzeitig muss es massentauglich unterhaltsam sein, damit die restlichen Flachpfeifen im Niedrigfrequenzbereich unterhalten werden. (Grüße an The Rock an dieser Stelle)

Gut unterhalten und emotional abgeholt wird man von dem Film sicherlich absolut ausreichend.
Die Geschichte ist weitestgehend präzise erzählt, auch wenn die Sichtweise und die Geschichte von Ferrari hier, natürlich zugunsten der amerikanischen Verherrlichung, deutlich zu kurz kommt, aber sie wird zumindest nicht völlig ignoriert.



Was hingegen ignoriert wird, sind realistische Fahrmanöver und Fahrzeughandhabung des Fahrers, Sounddesign und das Gefühl für Geschwindigkeit. Steve McQueen’s „Le Mans“ ist, objektiv betrachtet, sicherlich ein schlechterer Film, aber er erfüllt das, was er erfüllen soll um Welten besser. Das Gefühl von Geschwindigkeit und Atmosphäre so realistisch und spektakulär wie möglich zu übermitteln.



Man achte bei Sichtung des Films einfach mal darauf, wie schnell, bzw. langsam die Bäume, oder Straßenmarkierungen am Rennwagen vorbei ziehen, wie NIE vor einer Kurve verlangsamt und runter geschalten, sondern immer durchbeschleunigt wird. Dann wird mitten auf der Graden ein Gaspedal eingeblendet, das langsam von der Nullstellung gen Bodenplatte gedrückt wird… Als ob man in einem Rennen nicht spätestens nach dem Passieren des Kurvenausgangs das Gaspedal bis in die Ölwanne durchdrückt und in dieser Stellung verweilt, bis die nächste Kurve kommt… Schlampig. Entweder ist Regisseur James Mangold kein ambitionierter Motorsportfan, oder es war ihm einfach egal. Schade. So was ruiniert den ganzen Film für Motorsportfans. Nicht nur weil es unrealistisch ist, sondern weil, wenn es richtig gemacht wäre, es den Film deutlich besser und die Szenen intensiver gemacht hätte.

Das Sounddesign ist im Allgemeinen nicht das Beste. Umgebungsgeräusche werden teils komplett weggelassen und Motorengeräusche im Renngeschehen sind schlecht gemixt und teilweise nicht zum Auto passend. Auch hier wurde viel Potenzial verschenkt. Der Soundtrack ist unspektakulär bis teilweise zeitgenössisch passend. Da wäre deutlich mehr möglich gewesen. Es waren schließlich die gottverdammten ’60er. Nicht nur die amerikanische Automobilbranche hatte in dieser Zeit ihr absolutes Hoch, sondern auch die Musikbranche.

Der Mangel an Bildvielfalt während der Rennszenen fällt leider ebenfalls negativ auf. Man hat das Gefühl, jede Einstellung schon 15x gesehen zu haben und dabei fällt eben auch mal auf, dass ein Auto, das grade aus dem Renngeschehen in die Box gefahren kommt, aussieht wie frisch aufbereitet und aus dem Showroom ausgeliefert.

Merkwürdig ist zudem, dass viele der Renn- und Crash-Szenen CGI animiert wirken, obwohl sie es nicht sind. Den Angaben der Filmemacher und dem vorliegenden Making-of Material wurde alles mit realen Modellen abgedreht. „Rush“ liefert hier ein deutlich runderes und packenderes Gesamtpaket ab.



Positiv hervorzuheben ist, dass diverse Daytona Coupés als Requisite dienen und den Hintergrund diverser Einstellungen nochmals sehenswerter machen, als sie es eh schon sind. Wer sich jetzt fragt „…Day-was?“ – Das Daytona Coupé hat Shelby zu dem Ruhm gebracht, durch den er Ford auf sich aufmerksam gemacht hat.

Schauspielerisch war der Film sicherlich keine nennenswerte Herausforderung für Bale und Damon.
Bale hat, fast schon wie gewohnt, ca. 20Kg. für die Rolle des Ken Miles abgespeckt und harmoniert mit Damon’s Carroll Shelby sehr gut und glaubwürdig. Ab und an verliert sich der Film fast in seinem Humor, aber übertreibt es dann zum Glück doch nicht und driftet nicht ins lächerliche ab. Aus der Rolle des Enzo Ferrari hätte man allerdings deutlich mehr machen können. Es wirkt fast so, als hätte man sich in der Vorproduktion des Films einfach ein paar der bekanntesten Bilder der Person angesehen und sich an ein oder zwei zeitgenössischen Berichten und Klischees bedient und diese einfach kurz nachgestellt.



Und trotzdem, auch wenn ich, ggf. bedingt durch meine recht ausgeprägte Affinität zum Thema Automobil und Motorsport, viel Kritik übe, kann ich den Film durch die Bank weg empfehlen.
Besonders Nostalgiker und Familien mit jungen Kindern sollten sich den Film auf jeden Fall ansehen, in der Hoffnung, dass das Gesehene sich positiv auf die Jugend überträgt und veranschaulicht, wie die Dinge früher waren und um dem feministisch-vegan-progressiv-verweichlichten Hipstertum etwas entgegenzuwirken. Menschen die wissen wie ein Auto zügig zu bewegen ist und zu klingen hat, müssen allerdings ein gewisses Maß an Toleranz mitbringen.

7.5 / 10 Siegen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.